06 Nov Digitalisierung im HR
Ein Beitrag von Daniel Stolz, Daniel Stolz HR Consulting, www.stolzhrconsulting.com
Die Digitalisierung ist für Unternehmen und somit auch für HR eines der wichtigen strategischen Themen, mit denen wir uns befassen müssen, denn es winken Effizienzgewinne, bessere Qualität, tiefere Kosten und grössere Transparenz – also los!
Um die Digitalisierung im HR anzustossen oder voranzutreiben, ist es hilfreich, wenn sich das Unternehmen und ideal auch HR bereits vertieft Gedanken zum Thema gemacht hat. Zu Beginn helfen zentrale Fragen, den Einstieg in die Digitalisierung zu finden oder gezielt weiterzuentwickeln. Hier eine Auswahl:
- Was wollen wir erreichen als Unternehmen? Was ist unsere Strategie? Und wie kann uns die Digitalisierung dabei unterstützen?
- Was sind unsere Kernsysteme, die wir weiter ausbauen wollen? Kommen neue dazu? Wie schnell und zu welchen Kosten?
- Wie stark bauen wir auf Standardisierung und Zentralisierung? Wie viel Prozess- Autonomie verbleibt in den Ländergesellschaften?
- „Best of Breed“ oder „alles aus einer Hand“?
- Wie stark beeinflusst AI bereits heute unseren Arbeitsalltag? Wollen wir die Nutzung von AI einschränken oder weiter öffnen?
- Welchen Informations-Gewinn möchten wir über ein gutes Daten-Management erzielen?
- Wollen wir Prozesse oder Prozess-Schritte an anderen Orten erledigen als in der Schweiz?
- Was sollen unsere Mitarbeitenden zukünftig selbst machen können?
- Wie schnell und wie weit wollen wir gehen?
Die Antworten zu diesen Fragen geben für HR einen guten Rahmen, um eine HR-IT Strategie zu entwickeln. Wenn man im HR in die Digitalisierung einsteigt, so erfolgt das häufig über ein Rekrutierungssystem: Ein gutes Bewerber-Management, DSGVO-tauglich, mit einer modernen Einbindung von Ausschreibungen ist einfach und schnell einzuführen. Ein solches System ist auch sehr schnell produktiv. Der nächste Schritt ist dann schon bedeutend aufwändiger: Die Integration mit einem System, das Mitarbeiterstammdaten und Organisationsstrukturen verwalten kann, dem Kernsystem von HR. Solche Systeme sind aufgrund von verschiedenen Faktoren bedeutend schwieriger aufzubauen als Rekrutierungssysteme. Ein Aufwand, der sich lohnt, denn diese zentralen Systeme bilden die Basis für die oben erwähnten Vorteile der Digitalisierung. Die Einführung erfolgt meist in Form eines Projektes, vielfach standort- oder gar länderübergreifend. Unabhängig von der Grösse des Projektes empfehle ich die Bildung einer Projektorganisation: Steering Committee, Projektleitung, Projektorganisationen mit Rollen, Verantwortlichkeiten, Governance und Budget. Aufgrund der Komplexität der Projekte mit verschiedenen involvierten internen und externen Partnern hat sich das bewährt. Speziell die Rolle der Projektleitung ist zentral wichtig. In dieser Rolle muss man zwingend sowohl auf technischer (IT) wie auch auf fachlicher (HR) Sicht versiert sein und mitreden können, um die Vielzahl der Fragestellungen richtig und frühzeitig anzupacken. Die Projektleitung hat stets die Gesamtschau vor Augen und greift ein, wenn Dinge nicht so laufen, wie geplant – und das passiert immer.
Ein weiterer Punkt, der gerne vernachlässigt wird, ist das Thema der Datenqualität. Daten, die in die neu erstellten Systeme eingepflegt werden, sollen durchgehend von hervorragender Qualität sein. Es lohnt sich das Tempo der Integration zugunsten der Qualität zu drosseln. Denn der nächste Schritt nach dem Aufbau der Systeme ist die Integration, also die Vernetzung der Systeme oder auch der Aufbau von Reporting-Kapazität. Mit einer Integration fliessen Mitarbeiterdaten zu Umsystemen, zum Beispiel ins Payroll-System. Wenn dem nicht so ist läuft man Gefahr, dass «gute» Daten von «schlechten» Daten überschrieben werden – das wäre der Super-GAU für das Payroll-Management! Auch im Reporting zahlt es sich aus, wenn man zentral auf richtige, konsistente und korrekt gepflegte Daten zugreifen kann. Speziell dann, wenn aufgrund von Daten-Analysen Aktionen ergriffen werden sollen – ein strategisches Ziel der Digitalisierung.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Dokumentation des Projektes. Das System mit allen Feldinhalten und die Schnittstellen zu den Umsystemen sollen dokumentiert vom Projektteam an das übernehmende Operations-Team übergeben werden. Diese Dokumentation wird anschliessend im Betrieb weiterentwickelt, sodass sie stets den aktuellen Stand der Prozesse und Systemeinstellungen abbildet. Das ist eine unbeliebte Aufgabe, und dennoch unerlässlich für den weiteren Betrieb.
Wenn die Systeme „laufen“ und sich unter Last bewähren und wenn die Dokumentation steht, dann kann ein Projekt an den operativen Betrieb übertragen und abgeschlossen werden. Und dann steht schon der nächste Schritt an: Die weitere Integration des Business mit einer passenden e-Signature-Lösung, der IT (Anbindung IAM und Active Directory), Operations (Zutrittsmanagement, Badge-Erstellung) oder innerhalb von HR mit der Integration der Zeitwirtschaft, des Performance Managements, des Learning Managements, Zeugnis-Erstellung oder von Compensation.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein Unternehmen und für HR, sich dem Thema Digitalisierung zuzuwenden? Ich bin mir bewusst, dass die Komplexität des Themas, die Vielfalt der Ansätze aber auch die Investitionskosten abschreckend wirken können. In Schockstarre zu fallen und darum nichts zu tun, ist aber nicht empfehlenswert. Mein Rat an Entscheidungsgremien von Unternehmen ist, sich vor dem Hintergrund einer Unternehmensstrategie klar zu werden, wie die Digitalisierung für das Unternehmen einen Mehrwert schaffen kann. Dieser Mehrwert wird sich im Unternehmen sehr unterschiedlich zeigen und sich in einer Vielzahl von Lösungen äussern. Diese Vielfalt an Ansätzen gilt es dann zu bewerten, zu bepreisen und zu priorisieren. Somit ist das Resultat einer solchen Gesamtschau ein Plan, der richtungsweisend ist und angibt, wo im Unternehmen, wann welche Digitalisierungsmassnahmen ergriffen werden sollen. Und dann geht es darum umzusetzen, den Gesamtplan sowie die erwarteten Vorteile (Transparenz, Qualität, Kosten, Geschwindigkeit) im Auge zu behalten, zu messen und ganz klar, stetig zu kommunizieren, denn Digitalisierungsprozesse sind immer auch Change Prozesse.
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